Wir haben uns mit dem Gründer Daniel Iglesias unseres Startup of the Year Finalisten Digi Sapiens, unterhalten.
Welches Problem willst du mit Digi Sapiens lösen?
Die Digi Sapiens – Digital Learning GmbH nutzt eine fortschrittliche, eigens entwickelte und patentierte Sprachtechnologie, um soziale und berufliche Mobilität zu fördern.
Unsere Technologie hebt sich global durch ihre Fähigkeit ab, nicht nur den Inhalt, sondern auch die Nuancen der gesprochenen Sprache zu verstehen – und das sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen, über längere Passagen und Dialoge hinweg. Während herkömmliche Spracherkennungssysteme hauptsächlich auf kurze Phrasen von Erwachsenen ausgerichtet sind, eröffnet unsere Innovation einzigartige Möglichkeiten in Lese- und Fremdsprachenerwerb. Durch das Erfassen subtiler Sprachdetails ermöglichen wir personalisierte Lernpfade, um Bildungs- und Kommunikationsbarrieren zu überwinden. Unsere Technologie verspricht transformative Veränderungen in Bildungseinrichtungen, therapeutischen Bereichen und der beruflichen Weiterbildung durch die Verbesserung der Sprachfähigkeiten auf einem bisher unerreichten Niveau.
Konkret widmen wir uns mit dem ersten Anwendungsfall unserer Sprachtechnologie, gemeinsam mit dem Ernst Klett Verlag über den LaLeTu (Lautlesetutor), der Verbesserung der Leseflüssigkeit unserer Jugend. Denn die PISA- und IQB-Studien haben uns in Deutschland attestiert, dass mindestens ein Viertel der Lernenden beim Lesen signifikante Probleme hat. Der LaLeTu diagnostiziert durch Zuhören das bestehende Leistungsniveau und fördert anschließend adaptiv mit hochwertigen Büchern von führenden Verlagen die Leseflüssigkeit und bald auch das Textverständnis. Dabei werden die Lernenden spielerisch motiviert und die Lehrkräfte haben jederzeit auf einen Blick objektive Evidenz über die Entwicklung ihrer gesamten Schülerschaft.
Wer steckt hinter der Idee? Erzähl uns von dir, was du bislang gemacht hast und wie es zur Gründung kam.
Ich begann meine berufliche Laufbahn in verschiedenen Großbanken und bei Big-4-Unternehmensberatungen im Rhein-Main-Gebiet. Mit einer Lehrerin als Ehepartnerin entwickelte ich eine starke Verbindung zur Bildung. Als Bildungsaufsteiger interessierte mich, warum vielen jungen Menschen in Deutschland der soziale Aufstieg durch Bildung nicht gelingt. Meine Recherchen zeigten, dass Kompetenzen im Lesen und Sprechen entscheidend sind. Inspiriert von der Begeisterung meiner Tochter für Sprachtechnologien, entschied ich mich, diese Technologie zu nutzen, um Kinder und Jugendliche zu fördern.
Angesichts des Mangels an geeigneten Tools zur Unterstützung von Kindern und Lehrkräften im deutschsprachigen Raum im Jahr 2020 entstand meine Vision, ein solches Tool selbst zu entwickeln. Also kontaktierte ich meinen Mitgründer Andreas, der zuvor bei Samsung für die Entwicklung von „Bixby“, dem Sprachassistenten, verantwortlich war. Ich überzeugte ihn, sich Digi Sapiens anzuschließen. Seitdem sind mehr als drei Jahre vergangen und unser Team ist auf über 20 hochspezialisierte, internationale Mitglieder angewachsen. Ferner zeigte sich deutlich, dass unsere Technologie auch weit über die Leseförderung hinaus Nutzen stiften kann.
Was sind die größten Stärken von Digi Sapiens?
Unsere Stärken liegen in unserer Innovationskraft und der Fähigkeit, anspruchsvolle Technologien zu nutzen. Wir sind stolz darauf, dass unser Team aus Experten mit seltenem Fachwissen besteht, insbesondere im Bereich der Sprachtechnologie.
Eine weitere Stärke ist unsere eigens entwickelte, weltweit einzigartige Sprachtechnologie, die nicht nur in unseren eigenen Produkten Verwendung findet, sondern auch in Form von APIs oder SDKs in Drittanbieterlösungen integriert werden kann. Dadurch ist sie äußerst skalierbar und kann in verschiedenen Branchen eingesetzt werden.
Wie geht es mit deinem Startup weiter? Wie sehen die kurzfristigen und langfristigen Schritte aus?
Wir erweitern kontinuierlich die Sprachen, die unsere Technologie verarbeiten kann.
Wir wollen mit dem LaLeTu international expandieren und ihn neben Schulen auch Privathaushalten in einer gesonderten Version zugänglich machen.
Außerdem wollen wir uns dem Fachkräftemangel widmen, indem wir es qualifizierten Menschen (beispielsweise aus dem Pflegebereich) über eine spezielle Sprachlernlösung erleichtern, erfolgreich das notwendige Sprachniveau für die Auswanderung zu erreichen.
Unsere Sprachtechnologie werden wir ab Mitte des Jahres auch anderen Unternehmen und Startups bereitstellen und sind schon sehr darauf gespannt, welche Innovationen dadurch ermöglichen werden.
Von den Höhe- und Tiefpunkten einer Gründung: Wie lauten deine größte Lessons Learned?
Wie bei jeder Gründung gab es Ups und Downs. In den letzten drei Jahren habe ich vor allem drei Dinge gelernt:
1. Ausdauer
2. Beharrlichkeit
3. Selbstvertrauen
Am Ende wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Die Gründung eines Start-Ups erfordert viel persönliche Energie und Hingabe. Wichtig ist auf dem Weg viel zu reflektieren und aus Fehlern zu lernen. In der Retrospektive bin ich sehr stolz auf unser Team, unsere bisherige Leistung und Entwicklung in der kurzen Zeit.
Welches Buch oder Tool siehst du als ein Must-Have für Startups?
Ganz klar empfehle ich das Buch „The Lean Startup“ von Eric Ries zu lesen. Dabei geht es um die erfolgreiche Gründung von Unternehmen und diese auf Basis von Innovation, Experimentieren und starker Bindung zu den Usern schnell und nachhaltig wachsen zu lassen.
Bitte vervollständigt folgenden Satz: FrankfurtRheinMain ist für uns….
…in erster Linie eine Heimat voller Vielfalt und Chancen.
Wie unterscheiden sich eure Ansätze zum Lesenlernen von traditionellen Methoden oder anderen Bildungsplattformen?
Wir nutzen die traditionelle Methode des Lautlesens im LaLeTu, um die Leseflüssigkeit zu verbessern. Lautlesen ist erwiesenermaßen die effektivste Methode, um flüssiges Lesen zu erlernen, was wiederum das Verständnis von Texten erleichtert. Durch regelmäßiges Lautlesen werden die Grundlagen der Lesekompetenz gelegt. Wir ergänzen traditionelle Verfahren, erleichtern ihren Einsatz im schulischen Kontext und motivieren dabei die Lernenden. Da Lehrkräfte oft überlastet sind und in vielen Familien beide Elternteile berufstätig sind, ist es schwer, die empfohlene Lautlesepraxis von drei Mal 15 Minuten pro Woche zu gewährleisten. Kurzum wollen wir mit unserer Technologie einer klassischen Methode, die bisher mangels Ressourcen viel zu selten zum Einsatz kam, zum großen Durchbruch verhelfen und damit maximale Wirksamkeit erreichen.
Der Unterschied zu anderen Bildungsplattformen ist ganz einfach: Wir sind weltweit die Einzigen, die eine funktionierende (und DSGVO-konforme) Sprachtechnologie haben, die Lautleseübungen für deutsche Lernende ermöglicht.
Wir hoffen jedoch, dass bald auch andere Bildungsplattformen unsere Sprachtechnologie nutzen, um eigene Förderansätze umzusetzen, die Lernende zu mehr digitalem Lesen motivieren.
In welchen Bereichen kann eure Technologie noch eingesetzt werden?
Bildung und Sprachförderung:
– Alphabetisierung: Unterstützung von Kindern und Erwachsenen beim Erlernen des Lesens und Schreibens.
– Sprachenlernen: Verbesserung von Sprachkenntnissen durch gezielte Übungen zur Aussprache, Betonung und Grammatik.
– Unterstützung bei Dyslexie und Legasthenie: Bereitstellung adaptiver Lernwege zur Überwindung spezifischer Lese- und Schreibherausforderungen.
– Logopädische Förderung: Einsatz in der Sprachtherapie beispielsweise. zur Behandlung von Artikulationsproblemen.
Kommunikationstraining:
– Vortragspraxis: Unterstützung beim Üben und Verfeinern von Präsentationsfähigkeiten durch Feedback zu Sprachfluss, Aussprache und Betonung.
Gesundheitswesen:
– Früherkennung und Monitoring: Einsatz bei der Diagnose und Verlaufskontrolle neurologischer und psychischer Erkrankungen durch Analyse der Sprachmuster und Kommunikationsfähigkeiten.
Welche Schritte unternehmt ihr, um sicherzustellen, dass die revolutionären Ansätze zum Lesenlernen für alle zugänglich sind?
Zum einen arbeiten wir mit starken Partnern, wie dem Ernst Klett Verlag, zusammen. Mit über 125 Jahren Erfahrung im Deutschen Schulwesen, verfügt er über eine exzellente Reichweite und genießt enormes Vertrauen bei allen Akteuren.
Auch international wählen wir unsere Partner entsprechend aus, um die maximale Verbreitung unserer Lösungen sicherzustellen.
Um auch technische Barrieren weitestgehend zu reduzieren, arbeiten wir mit Hochdruck an einer Variante unserer Technologie, die auch offline, also ohne bestehende Internetverbindung zurechtkommt. Denn es ist sowohl in Deutschland als auch international trotz entsprechender Geräteausstattung nicht immer gewährleistet, dass Lernende ununterbrochenen Zugang zum Internet haben.
Wir bedanken uns für das interessante Interview!
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